Physical

Physical & Computational Acoustics

Die Ausbreitung von Ultraschall in Festkörpern unterliegt den dynamischen Gleichungen der Elastizitätstheorie und wird durch Randbedingungen (wie Grenzflächen) und Materialeigenschaften bestimmt.

Wir entwickeln numerische und analytische Modelle der Wellenausbreitung in Kombination mit Laser-Ultraschall-Experimenten, um mechanische und geometrische Parameter von Materialien oder Bauteilen zu ermitteln. Beispiele sind die Bestimmung von Elastizitätsmodulen, der Korngröße polykristalliner Materialien, der Materialdämpfung und der Dicke von Membranen.

Für geeignete Proben ermöglicht unsere experimentelle Ausstattung die Struktur- und Materialcharakterisierung sowie die Defektdetektion bei akustischen Frequenzen im MHz-, GHz- und sogar bis in den THz-Bereich.

Die Grundlagen für diese Anwendungen und auch die damit verbundene, interessante Physik werden in öffentlich geförderten oder direkt beauftragten Projekten erforscht. Unsere Forschungsschwerpunkte sind:

    • Wellenausbreitung in komplexen Medien, z.B. Kornstrukturen in Metallen und Polykristallen (auch in-situ in einem weiten Temperaturbereich)
    • Zero-Group-Velocity (ZGV) Platten- und andere geführte Wellen
    • Entwicklung von laserbasierten Ultraschallsystemen
    • Materialdämpfung bis in den hohen GHz-Bereich
    • Ultraschnelle akustische Phänomene auf Sub-ns-Zeitskalen

Wir nehmen an internationalen Konferenzen teil, publizieren in renommierten Fachzeitschriften (siehe unter Publikationen), und bieten unsere Methoden auch an, um Ihre Proben zu analysieren, maßgeschneiderte Geräte zu bauen und neue Methoden für bisher ungelöste Probleme zu entwickeln.

Anwendungsbeispiele

Charakterisierung von Mikroakustischen Systemen

Mikroelektromechanische Systeme (MEMS) sind integrale Bestandteile von Mobiltelefonen und Telekommunikationsinfrastruktur, deren Entwicklung, Produktion und Qualitätsprüfung messtechnisch aufgrund der hohen Frequenzen und kleinen Dimensionen sehr herausfordernd sind.
5G- und zukünftige 6G-Standards treiben den relevanten Frequenzbereich bis etwa 20 GHz. Wir haben eine Laser-Ultraschall-Methode entwickelt (Frequency Domain Laser UltraSound "FreDomLUS"), mit der die ortsaufgelöste Charakterisierung von Ein- und Mehrschichtsystemen hinsichtlich elastischer Eigenschaften, Dämpfung, Dicke und Fehlstellen möglich ist.
In der Abbildung (A) sind eine Skizze der Probe und die ermittelte Dämpfung αL an zwei Schichtmaterialien (Al und W), die in Bulk-Acoustic-Wave „BAW“ Filtern verwendet werden, und das thermoelastische Limit dargestellt.
Für das in (B) gezeigte Experiment wurde eine Probe mit einem Höhenprofil im Schachbrettmuster hergestellt und mit FreDomLUS gescannt. Die Dickenvariationen von 8 nm konnten exakt rekonstruiert werden und wurden auch mit einer AFM-Messung (Atomic Force Microscopy) verglichen.

Weitere Details finden Sie unter doi.org/10.1121/10.0017652; ICPPP21 conference presentation.

Charakterisierung von Schichten mit Oberflächenwellen

Die Anregung und Detektion von Schallwellen kann genutzt werden, um Dicke und elastische Eigenschaften von Schichtstrukturen zu bestimmen.
Selbst wenn die Dicke einer Schicht so klein ist, dass eine Untersuchung mit Puls-Echo-Messungen nicht mehr praktikabel ist, können aus dem Ausbreitungsverhalten von Oberflächenwellen die Dicke oder die elastischen Eigenschaften einer Schicht berechnet werden.
Je nach Frequenz dringt eine Oberflächenwelle verschieden tief in das Schicht- und Substratmaterial unter der Oberfläche ein. Tiefe Frequenzen bedeuten große Wellenlängen und große Eindringtiefen, hohe Frequenzen bedeuten kleine Wellenlängen und kleine Eindringtiefen (siehe Graphik).
Die unterschiedlichen Eigenschaften von Schicht und Substrat resultieren in einer frequenzabhängigen Phasengeschwindigkeit der Oberflächenwelle. Diese kann gemessen und mathematisch modelliert werden und somit die Dicke und elastischen Eigenschaften bestimmt werden.

Weitere Informationen finden Sie in unserer Publikation: https://doi.org/10.1115/QNDE2021-74927

Analyse von Plattenstrukturen: Elastische Eigenschaften und Dicke gleichzeitig

Die longitudinale und transversale Schallgeschwindigkeit lassen Rückschlüsse auf die Mikrostruktur zu, beispielsweise auf den Grad der Rekristallisation von Metallen während thermischer Behandlungen.
Oft wird auch die Dicke einer Platte bzw. eines Bleches benötigt. Bisherige akustische Verfahren zur Messung der Schallgeschwindigkeit und der Dicke einer Platte erfordern die Kenntnis der jeweils anderen Größe oder eine räumliche Abtastung. Die von uns entwickelte Methode kann diese Eigenschaften in einer einzigen Messung bestimmen.
Dabei werden in der Plattenprobe durch einen Laserpuls mit periodischem Linienmuster gleichzeitig eine spezifische Oberflächenwelle und mehrere Plattenresonanzen angeregt und anschließend analysiert. Dies ermöglicht (bei bekannter Dichte) die vollständige elastische Charakterisierung und gleichzeitige Dickenbestimmung von isotropen Platten. Ein diesbezügliches Patent wurde angemeldet.
Weitere Informationen finden sie in unserer Publikation: https://pub.dega-akustik.de/DAGA_2023/data/articles/000177.pdf

Überwachung der Ausscheidungshärtung nach dem Lösungsglühen

Viele Metalle werden im Rahmen des Fertigungsprozesses mittels Lösungsglühen homogenisiert.
Nach dem Abschrecken ist der Werkstoff aber in einem übersättigten Zustand und gelöste Legierungsbestandteile lagern sich mit der Zeit in Ausscheidungspartikeln, z. B. Guinier-Preston (GP)-Zonen, aus. Diese haben einen starken Einfluss auf die Festigkeit und Formbarkeit des Materials. Mittels Laser-Ultraschall können die Änderungen des Elastizitäts- und Schermoduls von Platten über viele Stunden mit einer Präzision <1% gemessen werden, womit das Fortschreiten der Ausscheidungshärtung mit hoher Zeitauflösung überwacht werden kann.
Ein möglicher Anwendungsfall ist das Einstellen der Rückfederungskompensation in Abhängigkeit vom Stadium der Ausscheidungshärtung, in dem sich das gebogene Werkstück befindet.
Weitere Informationen finden sie in unserer Publikation: https://doi.org/10.1016/j.mtla.2022.101600

Prozessüberwachung bei der Wärmebehandlung von Metallen

Die Wärmebehandlung von Metallen ist ein Standardverfahren, um kontrollierte Änderungen in der Mikrostruktur herbeizuführen und dadurch die  gewünschten mechanischen Eigenschaften im Material einzustellen.
Derzeit gängige Verfahren zur Mikrostrukturanalyse (Schliffbilder, Dilatometrie, Zugversuche…) haben jedoch den Nachteil, dass sie entweder nicht direkt im Prozess eingesetzt werden können oder spezielle Probengeometrien erfordern. Durch die Messung von Plattenresonanzen an Blechproben mittels Laser-Ultraschall können die Poisson-Zahl und, bei bekannter Dicke, auch die longitudinale und transversale Schallgeschwindigkeit berührungslos und mit hoher Zeitauflösung während der Wärmebehandlung (z.B. im thermischen Simulator) bestimmt werden. Der Temperaturverlauf dieser Parameter korreliert mit Änderungen in der Mikrostruktur, wodurch Phasenübergänge mit dieser Methode überwacht werden können.

Weitere Informationen finden Sie in unserer Publikation: https://doi.org/10.1016/j.actamat.2022.118097

Materialcharakterisierung im hohen GHz-Bereich mit PLUS

Die optische Pump-Probe-Spektroskopie auf der Pikosekunden-Zeitskala (Pikosekunden-Laser-Ultraschall „PLUS“) ermöglicht die Untersuchung elastischer Phänomene im GHz- und sogar im THz-Bereich.
Wir wenden verschiedene Detektionsverfahren an, um eine große Vielfalt an Materialien zu untersuchen, von Metallen, Halbleitern und Polymeren bis hin zu neuartigen Nano- und sog. "Low Dimensional"-Materialien.
Dadurch erhalten wir Zugang zu materialeigenen Parametern wie akustischer Dämpfung, Wärmediffusion und anderen Dissipationsmechanismen, Dotierungsprofilen sowie zu strukturellen Eigenschaften wie Schichtdicken im sub-nm- bis niedrigen um-Bereich, weiters auch zur Adhäsionsqualität von dünnen Beschichtungen und zu anderen grenzflächenbezogenen Eigenschaften.
Weitere Informationen über eine mögliche Anwendung finden Sie unter https://doi.org/10.1016/j.pacs.2023.100464